Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius mahnt Vernunft im politischen Umgang an

Optimistische aber auch pessimistische Töne hat es beim 25. Neujahrsempfang des SPD-Samtgemeindeverbandes gegeben. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius, der als Gastredner eingeladen war, entschied sich für den hoffnungsvollen Blick

SAMTGEMEINDE LINDHORST. . „nach dem Motto der sich selbst erfüllenden Prophezeiung“, wie er begründete. „Ich kann euch versprechen, es wird ein gutes Jahr“, sagte Pistorius im Dorfgemeinschaftshaus Hof Gümmer.
Dennoch verschwieg der Innenminister nicht, welche Entwicklungen ihm größere Sorgen bereiten: das europaweite Erstarken von Rechtspopulisten, der Brexit und auch, dass „Lügen der neue Politikstil zu sein scheint“. Hart ins Gericht ging Pistorius dabei mit der AfD, ohne die Partei in seinem Vortrag ein einziges Mal namentlich zu erwähnen. Deren Mitglieder betrieben „Brunnenvergiftung“, die darauf ziele, die Gesellschaft auseinanderzutreiben. „Dem müssen wir entgegentreten“, forderte er. So riet Pistorius, die Wahrheit zu sagen, ruhig und besonnen über Probleme zu reden und keine Scheinlösungen anzubieten. Zudem müsse man sich davor hüten, das Land in Aufregung zu versetzen.
Der Innenminister ist sicher, dass die „Menschen klüger und realistischer“ sind, „als manche Politiker glauben“. Dies gelte auch in Bezug auf die Einschätzung der Gefahren wie beispielsweise Terrorismus. „Ich plädiere dafür, dass wir die Gesellschaft offenhalten“, sprach er sich für eine „besonnene Innenpolitik“ zwischen Sicherheitsinteresse und Freiheit aus. Die Zahl der verhinderten Anschläge in Deutschland sei zudem höher als die ausgeführten Anschläge, „was ein beredtes Beispiel für die Qualität der hiesigen Sicherheitsorgane ist“.
Pistorius belegte anhand von Zahlen und Fällen, dass die subjektive Einschätzung von Gefahren oft keinen Bezug zur Realität hat. So seien Migranten keinesfalls krimineller als der Durchschnitt der Gesellschaft. Und auch die momentane Zunahme von Wohnungseinbrüchen sei kein neues Phänomen. Anfang der neunziger Jahre habe die Zahl der Fälle doppelt so hoch gelegen. Der Innenminister forderte, den einzelnen Menschen immer in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen und gegenseitig aufeinander achtzugeben. „Was wir brauchen, ist ein gesellschaftliches Klima, das uns schützt und gleichzeitig immunisiert.“
Samtgemeindeverbandsvorsitzender Erwin Martin, Lindhorsts Bürgermeister Hans-Otto Blume und Samtgemeindebürgermeister Andreas Günther richteten in ihren Reden den Blick auch auf lokale Themen des vergangenen und laufenden Jahres. Blume lobte ebenso wie Pistorius den ehrenamtlichen Einsatz für die Flüchtlingshilfe, sprach aber auch „weniger erfreuliche“ Themen wie die Finanznot der Gemeinde an. „Wir werden hier mit unseren Problemen alleine gelassen“, sagte er angesichts der Kosten für beispielsweise die Kinderbetreuung. Er vermisse eine Steuerungsfunktion des Landkreises bei diesem Thema. „Wir verwalten hier nur den Notstand“, umriss Blume die Haushaltslage der Gemeinde. Auch der desolate Zustand der Straßen ärgert den Bürgermeister.
Blume erwartet „von den Behörden unbürokratische Entscheidungen“ für die Entwicklung von Einzelhandelskonzepten und forderte, die Erweiterung des Großraumtarifs endlich umzusetzen. „Die Bürger warten darauf.“
Lindhorsts evangelisch-lutherischer Pastor Wilfried Vauth gab zum Abschluss allen Gästen noch etwas zum Nachdenken mit auf den Weg. Er empfahl den Politikern, alte Streitigkeiten zu vergessen und unvoreingenommen in die Zukunft zu blicken. bab

Quelle: sn-online.de

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